Sie können sich diesen Artikel zum Nachlesen und Weiterverarbeiten auch als PDF herunterladen:
Prof. Dr. Simon Hahnzog – Systemische Beratung: Strategischer Ansatz
Zurück zur Übersicht oder Artikel online lesen:
Prof. Dr. Simon Hahnzog – Systemische Beratung:
Die strategische Perspektive
Der strategische Ansatz ermöglicht ein deutlich strukturiertes Vorgehen in der Beratung, das anhand von aufeinander Schritten gekennzeichnet ist. Zentrale Orientierung ist hierbei eine ressourcenorientierte Haltung, die davon ausgeht, dass die Beteiligten die Fähigkeiten zur Lösung des Problems haben, sie jedoch momentan zur Aufrechterhaltung des Problems nutzen:
„Die Lösung ist das Problem.“ (Paul Watzlawick, Jay Hayley)
Zentrale Fragen in ihrer strategischen Reihenfolge:
1. Wer ist der Klient?
Der Klient ist in diesem Setting immer derjenige, der den größten Leidensdruck bzw. Drang zur Veränderung spürt und am meisten an der Lösung interessiert ist. Dies muss nicht immer derjenige sein, der die Führung im Gespräch hat oder als erster auf den Berater zugegangen ist.
2. Was ist das Problem?
→ Worüber genau klagt der Klient?
In diesem Setting der systemischen Beratung wird der meist üblichen Problemdefinition, in welcher bestimmte Personen, Kollegen, Teams, Systeme ein Problem haben, eine neue Perspektive entgegengesetzt.
Die Interaktionen der Beteiligten des Systems lassen Problemmuster entstehen und nur auf diese bezieht sich der Berater in seinen Interventionen – der Fokus liegt also auf den Beschreibungen des Problems und nicht auf den Erklärungen für die Ursachen.
3. Wie ist die Problemsicht des Klienten?
Im strategischen Ansatz nimmt der Berater die Informationen, die ihm der Klient bietet, indem dieser sein Problem beschreibt.
Hierbei ist der Berater angehalten auch sehr kleine Details nachzufragen und insbesondere auf die Interaktionen rund um das Problem zu achten. Die persönliche Meinung des Klienten ist also besonders wichtig:
- Wer tut was, das Probleme bereitet –
- Wem gegenüber und inwiefern ist das für
- Wen ein Problem?
4. Welche Lösungsversuche wurden bisher unternommen?
→ „Die Lösung ist das Problem.“
Oft werden Lösungsmuster lange Zeit aufrechterhalten, obwohl sie zu keinem Erfolg führen. à „Mehr-desselben-Paradox“ (Watzlawick)
In diesem Schritt ist daher von Interesse herauszufinden, welche Wege die Beteiligten bisher für mögliche Lösungen unternommen haben.
Die Lösung hat also oft eine „problemerhaltende“ Funktion. In dieser Intervention wird den Klienten daher einerseits die Perspektive der Ausweglosigkeit genommen („Wir haben doch schon so viel probiert!“) und andererseits erste Schritte für neue Lösungen erarbeitet.
5. Ziele definieren und fokussieren
→ „Go slow to get going.“ (M. Erickson)
Die Ziele, die es zu erreichen gilt, sollten realistisch sein. Daher also lieber kleine oder kleinste Schritte gehen, statt erneut zu scheitern. Hierbei geschieht nun der Schritt hin zur Lösungsorientierung: Nicht die Beschreibung des Zielzustandes, sondern die Beschreibung der umgebenden Bedingungen und des Verhaltens wird in Fragen fokussiert, z.B.:
- „Woran würden Sie am eigenen Verhalten merken, dass Sie erste Schritte zum Ziel gegangen sind?“
- „Was wäre ein erstes Zeichen für eine bedeutende, wenn auch noch so kleine Veränderung?“
→ Methodenbeispiel: Wunderfrage (Steve de Shazer – siehe auch: Methoden der Gesprächsführung: Pro)
6. Ressourcen finden
Ziel ist es hier die Ressourcen zu finden, die zum Erreichen der einzelnen Ziele unterstützen können. Dies bezieht sich in gleichem Maße auf Personen wie auf Verhaltensweise, Handlungen oder Strukturen.
Wichtige Methoden sind hier zum Beispiel das Reframing („Umdeuten“) und die Suche nach Ausnahmen in bisherigem Verhalten und Problemsituationen.
7. Strategische Interventionen:
In strategischen Interventionen werden die Klienten eingeladen neue, oft auf den ersten Weg „unlogische“ Verhaltensweisen zu zeigen. Beispiele sind:
- paradoxe Interventionen: „Tu das Gegenteil.“
- Symptomverschreibung: „Mach mehr davon.“
- Verhaltensverschreibung: „Mach etwas anderes.“